Schlaue Videospieler

In seinem neuen Buch spricht Steven Johnson darüber, dass Aktivitäten, die normalerweise als schlecht angesehen sind, unserer Intelligenz gute Dienste leisten.

Fernsehen und Videospiele bekommen darin gute Noten und dienen demnach unserer Intelligenz. Bei Videospielen sieht er den Lerneffekt im schnellen Erfassen von Bedienoberflächen, der Fähigkeit mehrere Aufgaben zur gleichen Zeit zu bewältigen, erkennen von wiederkehrenden Mustern, visuellen Begreifen, grundsätzlich technischem Verständnis und der Fähigkeit neue Lösungsansätze zu finden. Die Kritik an Videospielen hinterfragend spricht er davon, dass Bücher als isolierte Bedrohung wahrgenommen werden könnten, wenn diese anstatt der Videospiele ein eher neueres Phänomen wären. Besorgte Eltern fragt er deswegen gerne:

»Was glaubt ihr, wie der berufliche Alltag eurer Kinder einmal aussehen wird? Werden sie Bücher lesen? Oder werden sie vor einem Bildschirm sitzen und komplexe Aufgaben lösen müssen, verschiedene Projekte gleichzeitig verfolgen?«

[NEON, April06, 154]

Natürlich weist er auch darauf hin, dass es sein kann, dass sich die Teenager von morgen eventuell nicht mehr lange auf eine Sache konzentrieren können und dass es neben der Fähigkeit viele Informationen auf einmal zu jonglieren auch von Bedeutung ist, was wirklich im Kopf bleibt.

Habe am Samstag auch mit Studenten der Akademie darüber diskutiert und dabei auf die Ambivalenz von Videospielen hingewiesen. Neben all der schlechten Presse für Fernsehen und Videospielen finde ich Äußerungen wie diese sehr interessant… genauso interessant sind solche Gedanken im Bezug auf das Lernen in unsere Zeit und ADS.

5 Reaktionen

  1. Hallo Daniel,

    humm ich denke jetzt mal du meinst mit ADS das Aufmerksamkeitsdefizitstörung – was für ein Wort. Im ersten kam in der letzen Zeit eine Reihe (ziemlich spät) über Autismus bzw. das Asperger-Syndrom. Sowohl bei ADS als auch bei Autismus, ist es interessant, dass die Personen in der Lage sind, außerordentliche Leistungen zu erbringen, wenn man sie so machen lässt, wie es ihrer Natur entspricht. Leider werden ja so genannte ‚abnorme Verhaltensweisen‘ oftmals korrigiert (z.B. wurden Linkshänder lange zu Rechtshändern umerzogen…).

    Auf der anderen Seite gelingt es Menschen mit einer so genannten Verhaltensstörung ja oftmals nicht, sich vollständig in unsere Gesellschaft zu integrieren.

    Bezüglich Videospiele denke ich, dass dieses Thema zurzeit überbewertet wird. In zwanzig Jahren oder so, ist das Thema so abgegriffen und Videospiele sind so selbstverständlich, dass keiner mehr darüber spricht.

    Ich denke die zentralen Fragen sind nach wie vor:

    • Woraus entsteht Kreativität – Aus Fantasie, Leidenschaft und Ausdauer.

    D.h. wenn ich zwar Inhalte eines Videospiels schnell umsetzen kann, ich aber nicht die nötige Kreativität entwickeln kann, um Neues schaffen zu können, oder wenn ich nicht die nötige Ausdauer besitze um Neues zu erschaffen, dann bringt die beste und schnellste Auffassungsgabe nichts.

    Für mich bedeutet das also, dass der eigentliche schöpferische Prozess nach wie vor, wie beim Lesen eines Buches, im Kopf stattfindet und dann aber auch umgesetzt werden muss. Was nützt es mir wenn ich in einem Videospiel den ultimativen High-Score erreiche, wenn ich das Gelernte nicht in etwas Nützliches umsetzen kann?

    Cheers
    Daniel S. Haischt

  2. Hallo Depone,

    im Studium haben wir im Fach ‚Jugendliche und Medien‘ einen sehr interessanten Ansatz kennen gelernt, den ich hier mal kurz (zu kurz :-) umreißen will:

    Das ganze nennt sich ‚uses & gratifications approach‘ und geht davon aus, dass sich der Mensch medial an die Sachen hält, von denen er sich einen persönlichen Nutzen verspricht. Das bedeutet, dass z.B. aggressive Kinder & Jugendliche sich explizit an Gewaltspiele halten, moderate bzw. friedliebende Kids keinen persönlichen Gefallen daran haben und somit auch keinen Nutzen darin sehen -> sie wählen gezielt andere Spiele (Simulationen, Sportspiele etc.) Das find ich so interessant, denn das würde auch bedeuten, dass sich gerade Kinder, die zu Nervosität und Unkonzentriertheit neigen, zu Computerspielen hingezogen fühlen, weil sie davon den Nutzen haben, sich durch die extreme Überreizung der Sinne doch auf etwas konzentrieren zu können. Das spannende daran find ich, dass man die ‚Schuld‘ bzw. Verantwortung für eventuelle Problematiken also nicht bei den Spielen, sondern wie – eigentlich immer – beim Umfeld und den Erziehungsberechtigen (eigentlich zur Erziehung verpflichteten!!) Kurz und gut: Computerspiele können tatsächlich die Intelligenz fördern, aber nur dann, wenn den Kindern auch der Umgang damit beigebracht wird und sie langfristig lernen, positiven Nutzen daraus zu ziehen. Gleichzeitig gibt es aber vermehrt leider auch das Problem der sog. ‚Daddler‘, die nur noch vor der Kiste sitzen bis sie (tatsächlich) verblöden … Mein Fazit:
    Im Rechten Maß genossen, ist ‚daddeln‘ eine feine Sache :-)

    mfG Stephan

  3. Hallo!
    Ich kann nachvollziehen, dass Computerspielen manche Formen der Intelligenz (wie die mathematisch-logische Intelligenz und das räumliche Vorstellungsvermögen) fördert – andererseits vermute ich, dass zum Beispiel motorische und soziale Intelligenz dabei eher ins Hintertreffen geraten. Ich finde das ist eine Frage der Balance. Allerdings ist es andererseits auch gut, wenn jemand mit hoher Intelligenz in einem Bereich darin auch gefördert und gefordert wird.
    Gruß,

    Julian

  4. langsam versteh ich, warum ich so klug bin…die heilige playstation war’s. ha, das werd ich mal meinem vadder stecken, dass das zocken entwicklungsfördernd für mich war…:)

  5. […] Im Moment lese ich das Buch Neue Intelligenz von Steven Johnson [hier hatte ich schon mal darüber geschrieben]. Daraus werde ich in den nächsten Tagen noch einige Gedanken hier ausbreiten [wie gewohnt, nicht unbedingt in einer nachvollziehbaren Reihenfolge]. […]

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