Missio Dei – Herausforderungen

Nachdem ich Grundgedanken zur Missio Dei und einen Einblick in ihre Geschichte geschrieben habe, möchte ich heute die Reihe mit einem Eintrag zu den Herausforderungen abschließen.

Die Gedanken die mit dem Begriff Missio Dei verbunden sind, haben einiges bewirkt – sowohl im Bezug auf Mission als auch in Verbindung mit Gemeinde. Heute möchte ich drei Herausforderungen darstellen, die durch die Gedanken zumindest unterstützt wurden, wenn nicht sogar daraus gefolgt sind.

Was ist Mission?
Im Zusammenhang mit Missio Dei wurde das Verständnis der Mission sehr viel breiter. Da nun als grundlegend angenommen wurde, dass die Sendung der Kirche/Christenheit darin bestand am Heilshandeln Gottes zu partizipieren, wurden die klassischen Kategorien von Mission, Gemeindebau, Politik usw. aufgehoben. Es galt nicht mehr in Schubladen zu denken, sondern gerade dort aktiv zu werden wo Gottes Handeln wahrgenommen wurde, egal in welchem Lebensbereich das war.

Diese, meiner Ansicht nach, sehr sehr positive Entwicklung brachte jedoch einen Verlust des Charakters der Mission mit sich. Da alles möglich war, wurde undeutlich was die Sendung der Kirche ist. Auf diese Weise verloren manche das Verständnis von Mission im Sinne der Weitergabe der ›Guten Nachricht‹ völlig aus den Augen. Ein Theologe namens Hoeckendijk wird folgendermaßen zitiert:

»We have no business in ‚articulating‘ God. In the final analysis, ‚missio Dei‘ means that God articulates himself, without any need of assisting him through our missionary efforts in this respect.«

[Hoeckendijk zitiert nach Bosch, 392.]

Es gibt kein Heil innerhalb der Kirche!
Die zweite Herausforderung ist eng verbunden mit dem was ich eben angeführt habe. Die römisch katholische Kirche hatte den Satz »extra ecclesiam nulla salus« [›Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil!‹] geprägt, dieser schien in manchen Kreisen durch die Gedanken der Missio Dei umgekehrt zu werden.

Überall kann Gottes Heilshandeln erfahren werden. Infolge dessen beschränkt Gott sich nicht auf die Kirche, sondern handelt in und durch seine gesamte Schöpfung. Die Grenzen die zuvor um das Handeln Gottes gezogen waren wurden überwunden, was jedoch zu einer Art Pendelbewegung führt die durch den Satz »Kein Heil innerhalb der Kirche!« wiedergegeben werden kann. Kirche an sich wurde von manchen abgelehnt und erschien durch das unbegrenzte Wirken Gottes überflüssig zu werden.

Spaltung: Evangelisation vs. soziale Gerechtigkeit
In der Missio Dei wurde besonders die Identifikation Gottes mit ›Benachteiligten‹ betont und diesem Zusammenhang auch auf die Bedeutung des Einsatzes für soziale Gerechtigkeit hingewiesen. Verbunden mit den beiden eben genannten Herausforderungen führte das zu einer Verstärkung der Trennung innerhalb der protestantischen Missionsbewegungen.

Unter so genannten ›evangelikalen‹ Christen wurde die Gleichstellung von Evangelisation und sozialer Gerechtigkeit misstrauisch verfolgt. Für sie schien es als würde sich das soziale Engagement gegenüber der Evangeliumsverkündigung durchsetzen, daher riefen sie eine eigene Missionskonferenz ins Leben. Auf diese Weise entstand Anfang der 70er Jahre die Lausanner Bewegung die im Gegensatz zur Missionskonferenz in Bangkok eine Betonung auf Evangelisation vertrat. [Meiner Ansicht nach hat diese Profilierung dazu geführt, dass die Bewegungen die der Lausanner Bewegung beigetreten sind – eher – im alten Missionsverständnis geblieben sind, bzw. wieder dorthin zurückkehrten.]

Anstatt an einer Bereicherung der beiden Segmente von Mission – der Verkündigung der Guten Nachricht und dem Einsatz für soziale Gerechtigkeit – zu arbeiten entwickelten sich in Folge des Missio Dei-Gedankens zwei Ströme von protestantischen Missionsbewegungen. Beide dieser Ströme hatten und haben ihren je eigenen Schwerpunkt und dadurch eine Schlagseite, die nicht nur positiv ist.

Ich habe diese drei Herausforderungen gewählt, da es mir so scheint als stünden wir heute immer noch, oder wieder neu, vor der Herausforderung den Missio Dei Gedanken in einer Ausgewogenheit zu leben, und dadurch gemäß der Sendung Gottes unser Leben zu gestalten. Die Herausforderungen sind meiner Ansicht nach geblieben und zumindest für mich ist es wichtig, mich ihnen zu stellen.

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Ein interessanter Artikel aus Willingen, 50 Jahre nach der Weltmissions-Konferenz 1952 findet sich hier.

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