Hans Küng zu Postmoderne

Ich finde es immer wieder sehr interessant zu hören was Menschen mit dem Begriff Postmoderne verbinden, gerade weil er zu den umstrittenen Begriffen gehört. Da ich eben Hans Küngs Theologie im Aufbruch in der Hand habe, poste ich hier mal was er dazu sagt:

»Postmoderne kann nicht einfach auf Gegenaufklärung reduziert und mit Neokonservativismus identifiziert werden. Weder um schwärmerische Apologetik noch um eine selbstsichere Verurteilung der Moderne geht es.

Für mich

– ist Moderne weder wie für die Neokonservativen ein »erledigtes Programm« (das Haus der Moderne wurde ja nun doch nicht fertiggebaut),

– noch ist sie wie für Habermas ein »unvollendetes Projekt« (das Haus der Moderne ist, mit den beiden Weltkriegen, zumindest im Faschismus und Stalinismus, bis auf die Grundmauern abgebrannt),

– vielmehr ist sie ein im Übergang befindliches altgewordenes Paradigma, das im dreifachen Hegelschen Sinn neu aufzubauen, »aufzuheben« ist!

Das heißt:

(1) zu bewahren gilt es die kritische Kraft der Aufklärung gegenüber gesellschaftlichen Verdinglichungen und intellektuellen Verdunklungen aller Art;

(2) zu negieren aber ist der Reduktionismus der Moderne hinsichtlich der tieferen spirituellen und religiösen Schichten der Wirklichkeit, zu negieren sind auch der Vernunft-, Wissenschafts- und Fortschrittsaberglaube der Moderne sowie alles das, was sie an selbstzerstörerischen Kräften (auch des Nationalismus, Kolonialismus, Imperialismus) im Prozeß der Geschichte freigesetzt haben;

(3) zu transzendieren schließlich, zu übersteigen ist die Moderne, hinaufzuheben in ein Paradigma der Postmoderne hinein, in der die verdrängten und verkümmerten Dimensionen, nicht zuletzt auch die der Religion, eine neue, befreiende, bereichernde Wirkung erzielen.«

[Hans Küng, Theologie im Aufbruch: Eine ökumenische Grundlegung, 24f.]

4 Reaktionen

  1. […] In der letzten Woche habe ich mit Begeisterung das Buch ›The Last Word: Scripture and the Authority of God‹ von N.T. Wright gelesen. Und wie ich bereits in einem älteren Eintrag geschrieben hatte interessiert es mich immer was andere zur Postmoderne schreiben. Da Wright einen Absatz im Zusammenhang von Bibel und Kultur explizit diesen Gedanken widmet, möchte ich einige Gedanken daraus hier wiedergeben. […]

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