Mein eigener kleiner Verein
Vereinsmeierei scheint unter Christen weit verbreitet zu sein lautet die These dieses Beitrags. In den letzten Tagen stolperte ich über die Aussage, dass es nicht angebracht ist für alles einen eigenen Verein zu gründen, wenn es bereits Vereine gibt die sich dem Bereich annehmen, zu dem man sich hingezogen fühlt. Diese Aussage kann ich nur unterstützen.
Es scheint mit dennoch so zu sein als sei es, gerade unter Christen und besonders unter solchen die sich als Evangelikale bezeichnen, ein weit verbreitetes Phänomen. Egal in welche Richtung ich meinen Kopf drehe bemerke ich solche Vereine. Auf der einen Seite ist die so genannte christliche Musikszene, auf einer anderen versucht sich eine christliche Partei zu etablieren. Neben Schulen und Kindergärten gibt es Hotelverbände und Unternehmen. Alle diese Einrichtungen haben ihre Begründung und sicherlich auch ihren Nutzen. Allerdings beschleicht mich dabei immer wieder das Gefühl der Absonderung – vielleicht durch eine weltabgeneigte Handlung begründet.
Dann gibt es in manchen Bereichen noch interessantere Vereine, die sich aus dem Gedanken entwickelten, dass der ursprüngliche Verein nicht mehr in der Wahrheit ist und man diese besser in einem eigenen Verein vertreten könnte – so meiner Ansicht nach die Entstehung der Lausanner Bewegung in Abgrenzung zum Ökumenischen Rat der Kirchen und dessen Weltmissionskonferenzen. Wahrscheinlich ist es auch vor allem das, was mich daran stört.
Lustig finde ich in diesem Zusammenhang auch eine ganze Reihe von christlichen Blognetzwerken, HisSpace und GodTube. Einen kleinen eigenen Verein zu haben scheint sehr verlockend zu sein. Anstatt jedoch Salz und Licht zu sein, scheint das Wort christlich in diesem Zusammenhang mehr und mehr mit Zersplitterung und Absonderung verbunden zu sein als mit Liebe und Verbindung.
Dieser Beitrag ist wahrscheinlich so eckig wie schon lange keiner mehr auf diesem Blog. In den letzten Tagen dachte ich jedoch über diese Sachen einiges nach und wollte hier einfach mal ohne alles bis ins letzte ausgewogen darzustellen diesen Gedanken freien Lauf lassen.
Vielleicht animieren sie mich und die eine oder den anderen Leser zu verbindenden Schritten…
ich sehe hinter den meisten „christlichen vereinsgründungen“ weniger einer der beiden von dir genannten vermutungen … ich denke, es hat in den meisten fällen was mit „identifikation“ zu tun … z.b. ein ambitionierter jugendmissionar – dieser ist inspiriert durch die erfolgsgeschichten von om und jmem und denkt sich, so was will ich auch machen/schaffen … ich will das hier gar nicht mal negativ verstanden wissen … mir sind ambitionierte und visionäre (vereinsmeier-)typen dann doch lieber, weil sie was in der welt bewegen (wollen) …
ich persönlich frag mich aber auch, warum es für so vieles ein verein geben muss … da gibt es z.t. ganz komplizierte vereinsstrukturen von freikirchen … da gibt es für alle ebenen (bund, regional, lokal) einen verein … mich schreckt da einfach der bürokratische und terminliche aufwand ab, den jeder einzelne verein mit sich bringt …
warum gibt es nicht viel mehr übergeordnete vereine, denen man sich anschließen kann und die dann einem möglichst großem spielraum lassen …
gruß
georgos
Dein Beitrag ist überhaupt nicht eckig, sondern passt. Finde ich super, wie du das direkt artikulierst – und dein Posting macht beileibe nicht den Eindruck, dass du nicht um eine ausgewogene Sicht der Dinge bemüht bist! :-)
christliche vereine als ausdruck christlicher abgrenzungs- und parallelgesellschaften sind wirklich nicht das, was wir brauchen. denen stehe ich genau so kritisch gegenüber wie du.
letztlich kommt es darauf an, weshalb man vereine gründet. auf christliche schulen als behütungsinstitution für kids aus frommem hause hätte ich meine kinder nie geschickt. aber in unserem kiez in berlin ist eine „christliche“ schule sinnvoll, wenn sie die kinder der nachbarschaft erreicht. bei denen ist nämlich die laufbahn grundschule-hauptschule-hartziv zu 80 % vorgegeben. mit einem anderen pädagogischen konzept kindern aus sozial schwachen verhältnissen bessere chancen (im umfassenden sinn) zu ermöglichen, wäre für mich die legitimierung einer „christlichen“ schule. [es entsteht tatsächlich bei uns eine, und ich behalte sie im auge, welche richtung sie einschlägt.]
christliche vereinsgründungen sind auch sinnvoll, wenn man damit christen für missionale ziele besser motivieren kann. wir haben in verbindung mit unserem netzwerk gemeinsam für berlin z.b. eine „christliche freiwilligenagentur“ gegründet, obwohl es schon säkulare einrichtungen dieser art gibt. mit denen arbeiten unsere leute zusammen. zu den einrichtungen, an die leute vermittelt werden, gehören unter anderem ein behandlungszentrum für folteropfer, eine initiative gegen abschiebehaft und eine psychotherapeutische beratungsstelle für politisch verfolgte. christen werden also in ihrer weltabgeneigten haltung nicht bestärkt, sondern dazu gebracht, sich der welt zuzuwenden.
fazit: keine christlichen vereine, die eine mauer zwischen christen und gesellschaft (oder anderen christen) bauen, aber durchaus christliche vereine, die eine brücke zwischen christen und gesellschaft (oder anderen christen) bauen.
danke für die kommentare georgos, patrick und haso.
deinem fazit stimme ich voll zu, haso. können wir anstatt christlichen vereinen noch vereinen von und mit christen sagen bin ich noch glücklicher…
Es gibt -ich glaube in Düsseldorf- ja einen zentralen Platz, der immer wieder gern in Politiktalkshows zum Thema „Gesundheitssystem“ hervorgekramt wurde. Im Umkreis von 500 Metern gab es dort 6-8 Apotheken.
Manchmal wundert man sich, dass es in großen Städten in Süddeutschland 50 Mal die gleiche, aber auch haargenau gleiche, Gemeinde gibt. Die gleichen Arten von Leuten, die am Eingang die Hand schütteln, die gleichen Phrasen, die gleichen Anspiele und alle haben Flyer mit der Beschriftung: „die ETWAS andere Kirche“. Man fragt sich, warum die die gleiches machen, es nicht zusammen tun und damit Ressourcen freigeben, für die, die anderes machen.
deiner sprachregelung stimme ich voll zu.
Ich stimme hier Haso auch voll zu und der Tendenz deines Artikels auch, Daniel.
Ich denke aber, dass man zwischen manchen Sachen unterscheiden sollte: GodTube ist für mich eine Sache der Abgrenzung, denn statt bei YouTube lade ich meine Videos dann dort hoch. Ein „christliches“ (ich mag das Adjektiv auch nicht) Blog-Netzwerk dagegen verbindet nur Sachen, die sowieso schon im Netz sind. Obwohl z.B. meine Blog-Posts auch im Relevant-Blogs-Feed gezeigt werden, sind sie trotzdem noch auf meinen Blog und über Technorati, Google etc. frei verfügbar und es hindert mich niemand daran, auch noch bei anderen Blog-Netzwerken mitzumachen. Das nur mal als Beispiel. Ein anderes Beispiel wäre für mich, wenn sich Vertreter der verschiedenen Gemeinden eines Ortes ab und zu mal treffen, um sich auszutauschen und zusammenzuarbeiten (siehe Hasos „Gemeinsam für Berlin“). Also: Netzwerke sind (oft) gut, Vereine (oft) nicht so gut…
Ist klar, was ich meine?
Beim ersten Lesen des Artikels dachte ich sofort: Jou!
Jetzt gerade frage ich mich aber, inwieweit da die Wahrnehmung durch die Erwartung schon vorgeprägt sein könnte. (So ungefähr wie: Wenn ich mich für Fords interessiere, fahren plötzlich überall nur Fords rum).
Schließlich ist es eher so, dass es bei „christlichen“ Themen nicht anders ist, als anderswo: Warum die x-te kleine örtliche politische Partei, mit einem nur leicht anderen Programm? Warum die y-te Stiftung für Auslandshilfe mit kaum anderem Konzept? Warum das n-te Hobby-Magazin mit kaum anderen Inhalten?
Es scheint also vielleicht eher ein Typen-Phänomen als ein „christliches“ zu sein: „Made by me“.
Aber dann: Ja, die Abgrenzung erlebe ich auch so!
Warum das n-te christliche Webforum eröffnen, wo „Suchende dann Fragen stellen können“, wenn die besten Gespräche in den freien Foren enstehen, wo man einfach hingeht und die Leute trifft wo sie sind.
Ich erlebe da leider oft auch die Angst, in einer Gruppe von Leuten allein mit seinem Glauben oder seiner speziellen Auslegung der Glaubenssätze dazustehen. Das führt zu einem Wunsch nach einem „Zuhause“ mit Heimvorteil, wo dann gerne auch mal andere hinkommen können … und so schafft man sich eins.
[…] Im letzten Beitrag über die kleinen Vereine kam ich in Andeutungen auf die Sache mit der „christlichen Subkultur“ zu sprechen. Darüber hinaus hatte ich in den Kommentaren angedeutet, dass ich der Verwendung des Begriffs ›Christ‹ – wenn damit auf Personen verwiesen wird – wesentlich aufgeschlossener gegenüber stehe. Rob Bell spricht in seinem Buch ›Velvet Elvis‹ über das Etikett ›christlich‹ und seine Verbindungen damit. In einigen Zitaten daraus möchte ich ihn hierzu zu Wort kommen lassen. […]
Natürlich, hast du immer eine eigene „Subkultur“, durch diese Bewegungen und Initiativen wird allerdings viel ins Leben gerufen. Schließe mich Haso an -> keine Mauern, sondern Brücken bauen zwischen Christen und der Gesellschaft. Und finde dabei auch die Beweggründe der Leute sehr wichtig, . Dieses Land nicht zu fördern, auch durch eigene Vereine, wäre schade. Vielleicht gibt es sogar zu wenige, die sich sowas trauen, vielleicht kann man mehr erreichen, wenn man sich in einem Verein, Netzwerk, zusammenschließt. Es geht auch vieles heute um soziales Engagement, dass man sich sozusagen mit dem Engagement für eine gute Sache „schmücken“ kann…