Web 2.0-Tools im Unterricht

Als Lehrender interessiere ich mich schon seit langem für den Einsatz von Web2.0-Tools im Unterrichtskontext. Bisher bin ich vor dem Einsatz von Blogs usw. noch zurückgeschreckt, da ich nicht einfach eines meiner Lieblings-Tools den Studenten aufzwingen wollte. Um so mehr habe ich mich gefreut am Samstag Nachmittag eine Dialog-Session auf dem BarCamp in Stuttgart zu besuchen, in dem es gerade um dieses Thema ging. Einige Gedanken aus der Session und solche die dadurch aufgekommen sind möchte ich nun auch hier mit euch teilen. Ich freue mich über Gedanken dazu von dir in den Kommentaren.

Zielsetzung

Die wichtigste Frage hinsichtlich der Verwendung von Web2.0-Tools im Unterricht ist die Frage der Zielsetzung. Was sind meine Ziele mit dem Unterricht? Ausgehend von der Methodenvielfalt in der Pädagogik stelle ich diese Frage auf unterschiedlichen Ebenen – und so wie ich in den unterschiedlichen Methoden des Unterrichts gewisse Ziele verfolge, so kann auch der Einsatz von Tools durch eigene Ziele unterstützt werden. Diese Ziele können auch als Begleiterscheinungen gesehen werden, sind meiner Meinung nach jedoch aufs Ganze gesehen sehr wichtig. Stichwort: vernetztes Denken.

Basiert der Unterricht auf einem Prozess, durch den ich gemeinsam mit den Schülern gehen möchte, dann kann ein Ziel für den Einsatz von Blogs darin liegen, dass wir es lernen den Prozess zu dokumentieren. Während wir den Prozess dokumentieren geben wir durch die Kommentarfunktion anderen die Möglichkeit Feedback zu geben und wichtige Gedanken zu ergänzen. Abhängig vom Unterrichtsthema und der Zahl der Schüler kann darüber nachgedacht werden, ob das Blog öffentlich betrieben wird oder durch einen Passwortschutz nur den Teilnehmern des Unterrichts zur Verfügung steht.

Rechte und Kontrolle

In der Session wurde besonders betont, dass es wichtig ist den Teilnehmern des Unterrichts Redaktionsrechte zu erteilen und sie nicht auf die Kommentarfunktion zu beschränken. Dies ist ein enorm wichtiger Schritt, da auf diese Weise die aktive Mitgestaltung der Teilnehmer ermöglicht wird. Durch eine solche Öffnung gibt der Lehrende ein Stück der Kontrolle ab, was bekanntlich in allen partizipatorischen Strukturen der Fall ist. Es wurde des weiteren betont, dass es sehr wichtig ist, dass der Lehrende aktiv am Geschehen auf dem Blog beteiligt – auf diese Weise bleibt er natürlich auch darüber im Bilde was sich dort so alles ereignet.

Die Motivation Web2.0-Tools in den Unterricht zu integrieren dient, wie bereits oben angedeutet, nicht der Leistungsmessung sondern der Entwicklung von Fähigkeiten. Die Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung, die Dokumentation und die Reflexion des Prozesses, so wie die Ausprägung des Arbeitens im Team sind dabei besonders wichtig – dies sollte auch bei der Leistungsmessung bedacht werden.

Wird das Projekt öffentlich gemacht, kann die Weböffentlichkeit in die Reflexion des Prozesses integriert werden. Auf diese Weise lernen die Teilnehmer auch den Umgang mit Reaktionen auf das von ihnen Veröffentlichte und erweitern ihre Medienkompetenz (Stichworte dazu sind: Urheberrechte und Privatsphäre).

Es erscheint mir darüber hinaus als unausweichlich die Reflexion dessen was im Web passiert in den Unterricht einzubeziehen. Dazu gehören auch persönliche Gespräche mit den Teilnehmern über ihre Nutzung der Tools.

Umgang mit Fehlern

Ein weiterer sehr wichtiger Bereich für den erfolgreichen Einsatz von Web2.0-Tools im Unterricht ist ein guter Umgang mit Fehlern. Dabei ist es besonders wichtig, dass keine Kultur der Angst etabliert wird. Auf der einen Seite könnte Angst die Hürde zur Benutzung eines Blogs weiter erhöhen und zum anderen können bei manchen Teilnehmern bereits aus ihrer Geschichte Angstblockaden bestehen, die es abzubauen gilt.

Um einer entstehenden Angstkultur entgegen zu wirken kann die Unterscheidung zwischen Lern- und Leistungssituation helfen. Da der Einsatz des Tools im Unterrichtskontext stattfindet handelt es sich dabei um eine Lernsituation, in der es gut und wichtig ist Fehler zu machen. Aus den Fehlern die in diesem Kontext gemacht werden kann sehr gut gelernt werden, dazu helfen auch Reflexion und ein offener Umgang. Erst in der Leistungssituation, auf die der Unterricht bestmöglich vorbereiten soll, sind Fehler nicht mehr in derselben Weise willkommen.
Für den Lehrenden ist die Beteiligung an der Nutzung des Blogs unabdingbar, er sollte mit gutem Beispiel vorangehen und die Teilnehmer dazu ermutigen ihn zu verbessern. Dadurch wird die Möglichkeit Fehler zu machen deutlich und der Umgang mit konstruktiver Kritik kann ausgebaut werden.

Abschließende Überlegungen

Mich hat diese Session sehr ermutigt in absehbarer Zeit den Einsatz eines Blogs im Unterrichtskontext anzugehen. Die Frage ob es dienlicher ist ein gemeinsames Blog zu betreiben oder jeden Teilnehmer dazu zu ermutigen ein eigenes Blog zu führen sind bisher noch genauso offen wie die Frage nach der Öffnung der Benutzung – sollen die Blogs passwortgeschützt sein, oder offen?

7 Reaktionen

  1. Hi!

    Das ist ja interessant. Ich war hier mal bei nem Vortrag ueber den Einsatz von Wikis im Unterricht. Ich muss allerdings sagen, dass ich nicht so viel davon gelernt habe :-( Es ging mehr drum: „Wir probieren das gerade aus und es geht z.B. so.“ Aber nix mit best practices, lessons learned oder aehnlichem.

    Ich denke, letztendlich wird das Wichtigste immernoch sein, dass die Schueler/Studenten die Inhalte lernen, und nicht nur noch mit den Techniken beschaeftigt sind. Und dass wir die Techniken nicht verwenden, um schlechte Vorbereitung/schwache Inhalte zu verstecken. Soll’s ja geben…

    Gruesse!

  2. […] und der Lernerfolg können deutlich größer sein als beim Frontalunterricht. Daniel, einer der Teilnehmer berichtet recht ausführlich und lässt eigene Gedanken einfließen.  Die noch die schnell zusammengesteckte […]

  3. Schöne Zusammenfassung der Session!

    Ich habe die Studierenden in meiner Veranstaltung übrigens selbst entscheiden lassen, ob sie ein öffentliches oder gruppeninternes Weblog führen. Bei wordpress.com kann man sich zwischen diesen Varianten entscheiden.

    Viele Grüße, Christian

  4. Noch etwas zum Unterrichtseinsatz von Weblogs: Mo, Tim und ich haben in diesem Jahr auf der Delfi-Tagung in Lübeck ein Planungsraster zum Einsatz von Weblogs in der Lehre vorgestellt. Den Artikel, eine Aufzeichnung des Vortrags und eine Diskussion gibt es auf folgender Seite:
    http://tinyurl.com/5qa8tg

    Wenn du Lust hast, dann kannst du deine Ideen/Ergänzungen/Anregungen dort ins Wiki hineinschreiben! Ich würde mich freuen, mit dir weiter darüber zu diskutieren.

    Viele Grüße,

    Christian

  5. hey daniel,

    bei uns am lehrerseminar in lörrach wird die plattform „moodle“ eingesetzt. leider sind die lehrbeauftragten oder die wenigen männer, die an diesem lehrerseminar ausgebildet werden, die einzigen, die dieses angebot nutzen. in den veranstaltungen wird häufig nur gemosert, dass es mehr arbeit bringen würde, unübersichtlich wäre und unpraktisch – dabei bietet die plattform mit blogs, wikis und wissenmanagements für jeden nutzer so viele nützliche möglichkeiten…
    ich bin, wie du merkst, begeistert vom einsatz solcher tools und suche nach einsatzmöglichkeiten in meinem grund- und hauptschulunterricht…

    gruß aus dem süden,

    tilman

  6. So, nun hab ich den Text schon so lange offen, aber bis eben nie gelesen, und da paßt er jetzt auch noch irgendwie dazu, was ich gerade sonst den ganzen Tag lese.

    Ich war vor gut einem Jahr selbst in der Rolle mich als Student in Foren usw. beteiligen zu sollen, was ich trotz einer gewissen Affinität zu modernen Kommunikationsmitteln, kaum gemacht habe. Auch sonst waren die Veranstaltungen so aufgebaut, daß man sich immer gut hätte einbringen können, das Problem war nur die Zeit. Wenn man zig Bücher lesen, wöchentlich oder zumindest ab und zu irgendwelche Arbeiten und Präsentationen erstellen soll, und das natürlich auch noch für mehr als eine Veranstaltung in der Woche, dann bleibt einfach kaum mehr Zeit ürbig, auch noch lange in Foren zu diskutieren oder gehaltvolle Blogbeiträge zu schreiben.

    Man darf diese neuen Möglichkeiten meiner Ansicht nach also nicht als „Zusatzangebot“ in Lehrveranstaltungen einbauen, sondern muß sich auch klar sein, was eine konsequente Nutzung denn für einen Zeitaufwand darstellt und den in der Gesamtkonezption der Lehrveranstaltung berücksichtigen. Nur dann kann sich ein guter und für alle Seiten interessanter Dialog ergeben, der von den neuen Möglichkeiten auch tatsächlich profitiert.

    Viele Grüße,
    Götz

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