Allgemeinverständliche Theologie
Die beiden letzten Arbeitstage habe ich mit einer Tasse Kaffee und der Sendung „Aus Religion und Gesellschaft“ im Deutschlandradio begonnen. Dort hörte ich zwei Gespräche mit Wolfgang Ockenfels in denen er die CDU kritisierte. Mich interessierte nicht alles was er sagte, bei einer Aussage wurde ich jedoch hellhörig:
…viele Theologen können sich nicht mehr verständlich machen…
Im Zusammenhang dieser Aussage sprach er über das Theologenchinesisch welches diese an den Universitäten lernten und das sie unfähig mache auch inhaltlich in der Gesellschaft sprachfähig zu sein. Er meinte, dass es Aufgabe der Ausbildung sei, dass Theologen verständlich sprechen können und dadurch die Möglichkeit haben am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen und etwas beizutragen.
Solche Feststellungen und die damit verbundenen Forderungen rennen bei mir immer offene Türen ein, auch wenn ich in meiner eigenen Umgebung immer wieder an meine eigenen Grenzen der Sprachfähigkeit stosse. Sehr oft erscheinen mir Sachverhalte als plausibel die es für meine Gesprächspartner so nicht sind, oder ich verwende eine Art Theologenchinesisch das ich für allgemeinverständlich halte.
Zu diesen Gedanken passt auch folgende Aussage von Hans Küng aus Theologie im Aufbruch:
Es soll weder in biblischen Archaismen und hellenistisch-scholastischen Dogmatismen noch in modischem philosophisch-theologischem Jargon geredet werden, sondern in der allgemeinverständlichen Sprache der heutigen Menschen, wofür keine Anstrengung zu scheuen ist.
Quelle: Hans Küng, Theologie im Aufbruch, Seite 247-248.
In diesem Sinne wenden wir uns wieder der Aufgabe der allgemeinverständlichen Theologie zu.
Gehe davon aus, dass Küng sich in dem Buch nicht an das Volk, sondern an Kollegen wendet. Sonst müsste man ihm vorwerfen, auch bei diesem Satz die Anstrengung gescheut zu haben, sich in allgemeinverständlicher Sprache auszudrücken ;o)
Mich regt es auch häufig auf, wenn wir im (Theologie-)Studium Texte lesen müssen, bei denen man das Gefühl nicht los wird, dass der Verfasser des Textes sich extra Mühe gegeben hat, dass es auch ja kein anderer versteht, außer er besitzt seine Bildung und seinen Intellekt…
Und was mich dann schockiert ist einfach die Tatsache, dass es mir selbst passiert, dass ich anfange kompliziert zu schreiben und zu reden, weil ich so viele „komische“ Texte gelesen habe.
ich denke, dass es im wissenschaftlichen kontext weiterhin eine art fachsprache geben kann und sollte – die frage ist jedoch ob diese tatsächlich verstanden wird und dann in anderen gesprächen allgemeinverständlich artikuliert werden kann.
Ich denke dass genau aus diesem Grund manche Theologen soooo einflussreich geworden sind, z. B. NT Wright. So sieht die Zukunft der Theologie aus.
bei allgemeinverständlicher theologie habe ich auch an n.t. wright gedacht. er ist meiner ansicht nach ein gutes beispiel sowohl für allgemeinverständliche äusserungen (siehe auch sein auftritt bei comedy central) und für einen ort der fachsprache in manchen seiner werke.
Ja, unsere Sprache müssen wir immer wieder neu überdenken. Ich sehe die Tendenz immer wieder unverständlich zu reden, gerade auch wenn man sich sehr viel im selben Kontext aufhält.
Danke für diese wahren Worte!
Anbei ein Link zu einem Post von mir, der durch deine Worte inspiriert worden ist.
http://extrafuerdich.blogspot.com/2009/09/lebensnahe-und-allgemeinverstandliche.html
Finde es nicht nur legitim, sondern sogar unerlässlich, innerhalb einer Disziplin eine eigene Fachsprache zu verwenden. Nur hat die Theologie im Gegensatz zu manch anderen Disziplinen ja den Anspruch, ihre Inhalte nach außen zu transportieren, und an dem Punkt wird ein bewusster(er) Umgang mit der Sprache Pflicht.
dasaweb – das unterschreibe ich genauso!
Ich denke auch, dass es intern eine reflektierte und eindeutige Sprache braucht, mit der man fachspezifisch und qualitativ arbeiten können muss. Und natürlich müssen dann diese Inhalt vermittelt werden können.
Ich sehe zwei Probleme: eine allgemeine gesellschaftliche Verflachung im Umgang mit Sprache – unter der nicht nur die Theologie leidet!
Das zweite ist nun eben ein Inhalt, der nicht beliebig verkürzt werden kann. Irgendwo erreicht eben jede einfache Vermittelbarkeit eine Grenze. Dann redet man vereinfachten Worten und stagniert inhaltlich.
Ich lebe ja selber in einem Umfeld, in dem man so gut wie keine theologische Sprache und auch keinen theologischen Inhalt (nicht mal Weihnachten) voraussetzen kann. Beides bedingt sich. Und mir scheint, wir sind in manchen Clustern, geographischen Regionen und Schichten in Deutschland an einem Punkt angekommen, der aktives, eindeutiges und langfristiges Handeln voraussetzt. Damit man darüber auch wieder einfach und verständlich reden kann.
Was sind denn „biblische Archaismen“, „hellenistisch-scholastische Dogmatismen“ und in „modischer philosophisch-theologischem Jargon“? =;-)