Mittelpunkt
Wer auf seinem iPhone die Karten-App öffnet, der findet sich selbst, wie im nebenstehenden Bildschirmfoto, im Mittelpunkt wieder. Anders als bei einer gedruckten Karte deren Aufbau sich am Gelände und den Gebäuden, den Gegebenheiten also, orientierte, beginnen die Karten-Apps bei der Position des Benutzers. Dieser Beobachtung widmet Nick Bilton in seinem Buch »I live in the Future« das sechste Kapitel. Er geht darin einigen weiteren Aspekten nach, die mit diesem Vorfinden im Mittelpunkt einher gehen.
»Being in the center – instead of somwhere off to the side or off the page altogether – changes everything. It changes your conception of space, time, and location. It changes your sense of place and community. It changes the way you view the information, news, and data coming in over your computer and your phone. And it changes your role in a transaction, empowering you to decide quite specifically what content to buy and use it rather than simply accepting the traditional material that companies have packaged on your behalf.«
Mit dieser Aussage im Hinterkopf las ich den Artikel von Mona Eltahawy auf guardian.co.uk zu den aktuellen Geschehnissen in Ägypten mit anderen Augen. Sie spricht darüber, dass die Facebook-Generation mit den Protesten begann. Eine Generation, deren Lebenswirklichkeit mit dem Internet verwoben ist. Während Generationen vor ihnen im Glauben gehalten wurden sie seien abhängig von den Mächtigen im Lande und hätten sich in ihr Schicksal zu fügen, sahen diese jungen Ägypter was in Tunesien möglich war. Die Ereignisse in Tunesien schenkte ihnen Hoffnung auf Veränderung. Eltahawy spricht wie Bilton davon, dass das Selbst in unseren Zeiten der Vernetzung in den Mittelpunkt rückt. Die Statusmeldungen auf Facebook oder Twitter, also die Antwort auf die Frage danach was ich gerade mache, führten zu einem neuen Selbstbewusstsein. Diese jungen Menschen sagten: »Ich bin wichtig!« Es geht nicht nur um die Mächtigen, diejenigen die immer reicher und mächtiger wurden, während ihre eigenen Aussichten immer dunkler wurden.
Ich halte es, nach wie vor, für fragwürdig von einer Twitter- oder Facebook-Revolution zu sprechen, diese Beobachtung könnte jedoch, über die einfache Tatsache der internationalen Vernetzung hinaus, auf eine Veränderung des Selbstwertgefühls hinweisen, die Menschen dazu ermutigt sich nicht mit ihrer Lage zufrieden zu geben, sondern sich zu formieren und zu widerstehen. Ich hoffe, dass diese Revolution zu Veränderungen führt, die den Menschen in Ägypten gut tun.
lieber daniel,
ich finde es schon fragwürdig, wenn paradigmenwechsel im denken, wie der vom firmenzentrischen zum egozentrischen oder sie du das nennen willst, was du da ansprichst – vom besitz dieser oder jener teurer geräte abhängig gemacht werden.
ich bin österreicherin, du deutscher, unsere muttersprache ist deutsch.
wenn wir jetzt gerade in ägypten urlaub machen würde mit Dir – in diesem fall würd ich mich wahrscheinlich heim sehnen, aber gut – dann ware diese app sehr gut, wenn wir uns im gewirr der straßen der altstadt kairos, nun, verirrt hätten.
aber ein plan täte es auch, ein plan von kairo hben und nicht von siena oder rom oder ferrara. oder hamburg oder berlin oder duisburg.
wenn wir irgendwo urlaub machen, denken wir doch sicher trotzdem mit schwerpunkt in unserem heimatland, nicht? wenn wir auswandern besonders wenn unfreiwillig, trotzdem noch jehre danach noch.
nehme ich mal an.
was meinst Du?
aurelie
p.s. die gedanken der westlichen welt sind wohl derzeit in ägypten, weil ägypten die nachrichten domimiert.
@aurelia: Ganz kurz: Hier wird etwas Gutes betont und hervorgehoben, nicht war?
ja martin, etwas gutes wird betont.
du willst andeuten ich mache was schlecht?? drück dich deutlicher aus.
„nicht wahr“ meinst du wohl, nicht „nicht war“. oder deutest du flüchtigkeits- oder grammatikfehler, auch bei mir, subtil an?
das gefällt mir ja am daniel dass manchmal so eine frische erkenntnis dabei ist.
aurelie
und du, daniel? findest du ich missverstehe dich?
Hallo Aurelia und Martin,
finde leider erst heute die Zeit kurz einen Gedanken zu euren Kommentaren zu schreiben.
Der Einstieg in meinen Eintrag hat – wie du zurecht anmerkst – etwas zu sehr in Richtung teurer Gadgets gedeutet. Mit der Beobachtung wollte ich andeuten, dass es eine Entwicklung zum Individuum gibt (was ja in unseren Breitengraden nichts neues ist), diese Entwicklung wird bspw. an den Karten-Apps deutlich, da die den Benutzer in den Mittelpunkt stellen, und von dort aus die Karte aufbauen. Sicher ist es auch so, dass man sich in manchen Gegenden besser mit einer herkommlichen Karten orientieren kann, z.B. dann wenn das Handy-Netz schwach ist …
Die Karten-Apps und auch die Frage von Facebook oder Twitter sind nur Anzeichen unserer Individualisierung. Interessant finde ich die Beobachtung, dass in Gesellschaften, die stark vom Kollektiv und dessen Schicksal geprägt waren, diese Veränderungen ebenfalls zunehmen, und wie wir jetzt wissen, zu einer politischen Veränderung führen.
Es bleibt natürlich weiter zu beobachten wohin uns diese Entwicklungen führen. Sowohl wie es in Ägypten weitergeht, als auch wie sich die Individualisierung weiter entwickeln wird, und welche Rolle unsere gesellschaftlichen Kommunikationskanäle dabei spielen.
Wie seht ihr das?