Jenseits des Patriarchats
In einem sehr guten und interessanten Artikel zu unterschiedlichen Blickwinkeln auf den Begriff »Patriarchat« schreibt Antje Schrupp, dass der Kampf gegen klassische „Männerherrschaft“ aus dem Zentrum der politischen Aktion von Frauen gerückt ist. Weibliche Freiheit wird als selbstverständlich wahrgenommen, als ein Punkt von dem eine Diskussion ausgeht, der jedoch selbst nicht grundlegend zur Diskussion steht.
»Das heißt natürlich nicht, dass es nicht noch Relikte von patriarchalen Mustern gibt, die sehr gefährlich und problematisch sein können. Aber der Umgang mit ihnen ist – von Seiten der Frauen – von einem inhaltlichen Herzensanliegen zu einem pragmatischen In-die-Schranken-Weisen geworden, […]. Die Überreste des Patriarchats sind heute nicht mehr Gegenstand ernsthafter feministischer Analyse, sondern ein Ärgernis wie schlechtes Wetter, mit dem man zwar rechnen und gegen das man etwas unternehmen muss, wobei aber die eigentlichen Aufgaben längst ganz andere sind.«
In dem Artikel geht Antje, wie bereits der Titel sagt, stärker auf den Umgang von Männern mit dem Begriff »Patriarchat« ein. Sie bezieht sich dabei auf einen Artikel von Riccardo Fanciullacci. Während Frauen sich über das Patriarchat hinweigsetzen können, indem sie den entsprechenden Denkmustern die Glaubwürdigkeit entziehen, ist dies für Männer nicht so einfach möglich:
»Männer könnten nicht bloß pragmatisch mit den Ausläufern des Patriarchats umgehen, weil sie in ihrem eigenen Mannsein davon betroffen sind. Freie, also postpatriarchale Männer, so seine These, können sie nur werden, wenn sie „die Aufarbeitung der dunkelsten und tiefgreifenden Wurzeln der patriarchalen symbolischen Ordnung wieder aufnehmen. Die kritische Arbeit am männlichen Symbolischen könnte für uns Männer der direkteste Weg sein, um uns weiterzubringen und die Formen zu verändern, die unseren inneren Weg und unser Begehren prägen.“«
Wichtig ist es, dass Männer sich „auf nicht patriarchale Weise zu einer Frau in Beziehung … setzen.“ Es geht hier nicht mehr um ein allgemein zu behandelndes Thema, sondern um die konkrete Beziehung zwischen Mann und Frau.
»… es gehe darum, sich in der konkreten Beziehung zu einer bestimmten Frau ihrer „jeweils einzigartigen Weise, Frau zu sein“ auszusetzen, und zwar „mit ein bisschen Liebe“. Dafür sei es notwendig, „Vertrauen zu haben in ihre Fähigkeit, uns zu sagen, wenn die Art und Weise, mit der wir ihr begegnen, nicht in Ordnung ist“.«
Die Transformation des männlichen Selbstes hin zu einer Lebensweise, die als »postpatriarchal« bezeichnet werden kann, geschieht in Beziehung. Wie Antje zitiere auch ich hier drei Ziele, die Riccardo Fanciullacci diesbezüglich vorschlägt:
»Erstens: Zu lernen, vor einer Frau zu stehen und ihre Erfolge, ihre Bewegungsfreiheit und die Interessen, die sie irgendwo hin führen, wahrzunehmen, ohne die leiseste Sehnsucht aufkommen zu lassen nach dem alten Bild der Frau als Spiegel, die dem Mann seine eigene Figur in doppelter Größe zurückwirft.
Zweitens: Zu lernen, ihr unsere Bedürftigkeit zu zeigen, ohne gleichzeitig von ihr zu verlangen, unsere Mutter zu sein; oder auch: Die eigene Mutter zu lieben, ohne von jeder anderen Frau die Liebe einer Mutter zu erwarten.
Drittens: Zu lernen, ihr eine hingebungsvolle und ernst gemeinte erotische Kreativität anzubieten, die nicht die Liebe kleinmacht und an ihrer Stelle den immer wieder selben sexuellen Phantasien Raum gibt.«
[…] das “Ende des Patriarchats”. Eine kürzere Zusammenfassung von Schrupps Artikel gibt es bei Daniel Ehniss. Mit dem “Ende des Patriarchats” ist nicht gemeint, dass das Patriachat, also die […]