Von der Gleichberechtigung zur Weltgestaltung

Im Kapitel »Von der Gleichberechtigung zur Weltgestaltung« schreibt Ina Praetorius in ihrem Buch »Immer wieder Anfang« über 40 Jahre feministische Theologie. Wie bereits an mehreren Stellen vermerkt, gefällt mir ihr unaufgeregter Stil, und die kraftvolle Ruhe, die aus ihren Zeilen spricht.

Feministischer Theologie geht es um mehr als um bloße Gleichstellung von Mann und Frau. Einige Vertreterinnen halten bspw. ein Priesteramt nicht für erstrebenswert, da sie diese Struktur ebenfalls für überholt halten. Sie konzentrieren sich eher auf die Überwindung patriarchaler Strukturen in der biblischen Überlieferung. Die Konzentration das Symbolische führt zu einer Veränderung des gesamten Spektrums Religion und geht noch darüber hinaus. Christsein jenseits der bekannten Strukturen findet vielerorts statt, und ist damit über den Status des nur denkbaren hinaus. Praetorius charakterisiert das Anliegen feministischer Theologie folgendermaßen:

»Die Feministische Theologie ist also mehr als die Forderung, ein Stück vom bestehenden Machtkuchen an die bisher systematisch in Sprachlosigkeit Gehaltenen abzugeben. Sie ist, als integraler Bestandteil der weltweiten feministischen Bewegung, eine kulturelle und soziale Transformation. Sie will eine andere, bessere, wohnliche, gott- und menschenfreundliche Welt. Und sie macht deutlich, dass diese bessere Welt nicht aus dem Nichts entsteht, sondern an Traditionslinien anknüpfen kann, die man mit bedacht unsichtbar gemacht hat, die aber nichtsdestotrotz da sind.«

Quelle: Ina Praetorius, Immer wieder Anfang, 63.

Ihre Verwendung des Begriffs Transformation im Vergleich zu Revolution oder Reformation begründet sie mit der Annahme, dass weder ein »radikaler Umsturz«, noch ein »Zurück zu den Quellen« das gewählte Vorgehen sei, sondern eine Suche durch die Tradition hindurch, die durch die Verbindung unterschiedlichster Fundstücke zu etwas Neuem führe, dass in dieser Form noch nicht vorhanden war, aber möglich ist.

Im weiteren Verlauf des Kapitels geht sie noch auf eine dualistische Sichtweise ein, die gerne bezüglich »Mann« und »Frau« propagiert wird, der eine hierarchische Weltsicht zugrunde liegt. Diese Sichtweise – und das wäre meine Verbindung zur Debatte mit den rosa Ü-Eiern – ordnet, in patriarchalischem Habitus, die maskulinen Attribute über die femininen.

Eindrücklich fand ich ihre Charakterisierung des postpatriarchalen Denkens:

»Postpatriarchales Denken beginnt dann, wenn die konstruktive Arbeit an einer erneuerten symbolischen Ordnung wichtiger wird als die Kritik an der vergehenden Zweiteilung. […]

Postpatriarchales Denken beginnt, wenn Kritikerinnen und Kritiker der vergehenden Ordnung Verantwortung übernehmen für unsere gemeinsame Zukunft, wenn sie aufhören, sich in erster Linie als Opfer eines Systems zu verstehen, gegen das sie vehement, aber letztlich ohne Hoffnung auf Veränderung meinen anrennen zu müssen.«

Quelle: Ina Praetorius, Immer wieder Anfang, 69.

Postpatriarchales Denken kann in diesem Sinne als Weiterentwicklung feministischer Position verstanden werden. In der Annahme der Überwindung des Patriarchats kann (gemeinsam) an einer »neuen Ordnung« gearbeitet werden. Dieser Ansatz entspricht mir zutiefst, und ich hoffe in diese Richtung noch einiges zu sehen und mit dazu beitragen zu können..

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