Meinungen im Dialog
David Bohm sieht das Ziel des Dialogs darin „dem Denkvorgang auf den Grund zu gehen und den kollektiven Ablauf der Denkprozesse zu ändern“. Eine wichtige Erkenntnis auf diesem Wege hängt mit der Beschaffenheit von Meinungen zusammen:
»Die verschiedenen Meinungen, die wir haben, sind ein Ergebnis der Gedanken, die wir einmal gedacht haben: sämtlicher eigenen Erfahrungen, dessen, was andere Leute gesagt haben und von was nicht sonst noch alles. All das ist in unser Gedächtnis einprogrammiert. Es ist wichtig, das zu erkennen. Später identifizieren wir uns vielleicht mit diesen Meinungen und reagieren, um sie zu verteidigen. Aber das macht wenig Sinn. Wenn die Meinung richtig ist, braucht sie eine solche Reaktion nicht. Und wenn sie falsch ist, warum sollten wir sie verteidigen? Aber wenn wir uns mit ihr identifizieren, werden wir sie verteidigen. Es ist, als würden wir selbst angegriffen, wenn unsere Meinungen in Frage gestellt werden. Meinungen werden daher oft als »Wahrheiten« erlebt, obwohl sie vielleicht lediglich unseren eigenen Annahmen und unserer Vorgeschichte entspringen. Wir haben sie von unseren Lehrern, unserer Familie, aus Büchern, oder sonstwoher. Dann identifizieren wir uns aus irgendeinem Grund mit ihnen, und wir verteidigen sie.«
Quelle: David Bohm, Der Dialog: Das offene Gespräch am Ende der Diskussionen, Seite 37.
Im Dialog wird der Denkprozess reflektiert, ein offener Dialog ist dann möglich wenn wir nicht unsere eigenen Annahmen reflexartig verteidigen, sondern sie offen zu den Annahmen der anderen stellen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Dialogs sollten gewillt sein ihre Grundannahmen in Frage zu stellen, es geht nicht um ein Aushandeln oder um einen Schlagabtausch sondern vielmehr um ein gemeinschaftliches Teilhaben, in dem jeder gewinnt. Der Dialog geht den Zwängen auf den Grund, die hinter unseren Annahmen stehen, er befasst sich nicht nur mit den Annahmen, sondern auch mit den Denkprozessen dahinter.