Rassische Wende

Kürzlich hatte ich auf den Gastartikel von Aminata Touré und Robert Habeck in der taz verwiesen. Darin fordern die beiden, unter anderem, den Begriff „Rasse” aus Artikel 3 des Grundgesetzes zu streichen.

Diese Forderung kann ich sehr gut nachvollziehen, und hielt sie bis gestern Abend für sinnvoll. Allerdings leuchten mir die Ausführungen von Netasha A. Kelly ein, die in der aktuellen taz darlegt, weshalb es ihrer Ansicht nach nicht sinnvoll ist den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen. Wichtiger sei es vielmehr den („racial turn”) in Deutschland einzuläuten, und den Begriff anders zu denken.

»Während dem englischen Begriff eine soziale Definition zugrunde liegt, bleibt der deutsche Begriff in seinem historisch-biologistischen Entstehungskontext verhaftet, was letztendlich zur Forderung der Grünen geführt hat.
Doch das kann nicht die Lösung sein! Es wird Zeit, den sogenannten „racial turn“ in Deutschland einzuläuten. Wir müssen nicht nur Schwarz und weiß, sondern auch „Rasse“ neu denken. Die Anwendung der „rassischen Wende“ auf den deutschen Kontext kann für ein kategorienbasiertes Antidiskriminierungsrecht fruchtbar gemacht werden.«

Natasha A. Kelly, Absatz 3 des Artikels 3 im Grundgesetz.

Der Begriff „Rasse“ sollte von seiner historisch-biologischen Entstehungskontext gelöst und als soziales Konstrukt verstanden werden. Dieser wichtige Schritt kann nicht alleine durch die Streichung des Begriffs erreicht werden. Ins Grundgesetz könnte statt des Begriffs die Diskriminierungsform als „rassische Diskriminierung“ aufgenommen werden. „Rassisch“ wird dabei als Attribut verstanden, wie geschlechtlich, ethnisch oder religiös. Wichtig sei es eine offizielle Antirassismusforschungsstelle zu etablieren und Stellen für Schwarze Wissenschaftler:innen an deutschen Unis zu schaffen. Diese Wissenschaftler:innen könnten dann – neben anderem – auch mit Antirassismusforschung betraut werden.

Eventuell bedarf es in dieser Frage auch keines strikten entweder oders, sondern eines sowohl als auch. Einig sind sich ohnehin alle genannten Beteiligten, dass es mit der blossen Abschaffung des Begriffs nicht getan ist. Insofern sehe ich den zitierten Artikel von Natasha A. Kelly nicht so sehr als Widerspruch zu Aminata Touré und Robert Habeck, sondern vielmehr um eine Verdeutlichung dessen, was zum Verlernen des Rassismus grundlegend ist, seine wissenschaftliche und gesellschaftliche Aufarbeitung.

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