Neue Allianzen

»In seinem Essay »Against Identity« argumentiert er [Leon Wieseltier], dass wir uns verabschieden sollten von der Vorstellung einer klar abgegrenzten, widerspruchsfreien Identität, wie sie zentral ist für alle gegenwärtigen kulturpolitischen Debatten. Stattdessen sollten wir uns stärker der inneren Fragmentierung bewusst werden, die jeden einzelnen Menschen ausmacht. Denn Identität ist nicht nur ein Instrument, sich gegen die Funktionalisierung durch eine Dominanzkultur zu verteidigen. Sie ist auch monolithisch, dogmatisch und zutiefst unironisch. Der von türkischen Nationalisten ermordete armenisch-türkische Journalist Hrant Dink schrieb: »Wenn du deine Identität nur durch ein Feindbild aufrechterhalten kannst, dann ist deine Identität eine Krankheit.« Wenn wir neue Allianzen schließen wollen, dann müssen wir wegkommen von der Idee der identitären Zugehörigkeit zu einer einzigen Gruppe, von der Idee, wir seien ganz und müssten unsere Ganzheit verteidigen. Jeder Mensch besteht aus vielen Teilen, die sich immer wieder verschieben. Die ungebrochene Identität ist eine gefährliche Illusion.«

Max Czollek, Desintegriert Euch, Seite 192.

3 Reaktionen

  1. Ehrlich gesagt frage ich mich, wie jemand überhaupt das Gefühl haben könnte, genau eine Identität zu haben. Jedenfalls als etwas Echtes … ich nehme das bei anderen höchstens als Maske wahr.

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